... langsam und Schritt für Schritt.
Anwald war anfangs praktisch nicht präsent, weil er sich immer "verkrümelt" hat, in die nächste Ecke und in sich selbst. Folglich haben ihn unsere beiden vorhandenen Hunde völlig ignoriert bzw. sogar gemieden. Wenn wir uns ihm genähert haben, hat er sich zur Wand gedreht und den Kopf nach unten weggesteckt. Er hat an sich nicht schreckhaft gewirkt, aber absolut menschenscheu und misstrauisch uns gegenüber. Weil wir ihn gar nicht richtig sehen konnten, haben wir uns auch lange sehr schwer damit getan, einen neuen Namen für ihn zu finden.
Am zweiten Tag hat er die Ecke unter der Treppe als Rückzugsort gewählt, dort haben wir ihm eine Matte hingelegt und eine Softbox aufgestellt, die er aber nur als Sichtschutz verwendet hat, hineingelegt hat er sich nie. Das Nassfutter hat er von Beginn an gerne gefressen und gut verdaut, das Trockenfutter hat er stehenlassen. Wir konnten ihn auch von Anfang an berühren, auch wenn er sich weggedreht hat und ihm das unheimlich war, "gewehrt" hat er sich nicht. Er hat sich nach und nach daran gewöhnt, dass wir mehrmals täglich zu ihm gekommen sind und uns zu ihm gesetzt haben, ihn auch berührt haben. Wenn wir unseren Bruno (Spankie von pro-canalba) mit dazu geholt haben, hat er sich richtig entspannt, das Streicheln genossen, ist eingeschlafen und hat geschnarcht. Wenn wir alleine bei ihm waren, war das nicht so, aber auch zunehmend weniger angespannt. In unserer Gegenwart hat er sich allerdings nicht aus seiner Ecke wegbewegt. Nachts hat er dann rumort, wenn die Fenstertüren zur Terrasse und zum Innenhof gekippt waren, ist er daran hochgesprungen. - Er wollte fliehen.
"Keinerlei Selbstbewusstsein" meinte die Hundetherapeutin, die am 10. Tag kam, und das galt im doppelten Wortsinn. Dieser Termin hat einige Änderungen mit sich gebracht. Erst haben wir den Innenhof für ihn dauerhaft zugänglich gemacht, nachdem wir den Durchgang zur Scheune sicher versperrt hatten. Da hat er sich dann die nächsten beiden Tage und Nächte aufgehalten, ist aber immer wieder auch zur Tür gekommen, hat reingeschaut, hat erstmals Kontakt mit den anderen beiden Hunden aufgenommen, hat auch mal einen Schritt ins Haus gemacht. Dann hat es heftig geregnet und gewittert, da ist er dann nach einigem Zögern schließlich wieder ins Haus gekommen. In seiner Ecke unter der Treppe hatten wir mittlerweile ein "Hundebett" plaziert (Kudde) und die Box entfernt, sodass er dort zwar in der Ecke aber "offen" liegt. Das Bett hat er gleich angenommen und scheint es recht bequem zu finden. Nachdem sich das Wetter auch am nächsten Tag nicht gebessert hat, war er fast den ganzen Tag drinnen, ehe wir die Tür zum Innenhof wieder geöffnet haben.
Mittlerweile wechselt er zwischen Innenhof und Haus, hält sich kaum alleine draußen auf, sondern ist immer drinnen, wenn auch wir drinnen sind, und schläft nachts lieber in seinem "Bett" als auf der Erde in der Ecke hinter dem Baum im Hof. Dabei orientiert er sich stark an den anderen beiden Hunden, vor allem an Bruno. Die drei haben sich mittlerweile etwas angenähert und mehrmals beschnüffelt. Er folgt auch uns ins Haus, wenn wir hineingehen, hält aber noch immer einen Sicherheitsabstand von 1-2 Metern von uns. Er unternimmt trotzdem zunehmend Versuche, sich zu nähern, z.B. wenn wir auf der Terrasse sitzen oder im angrenzenden "Fernsehzimmer". Er will schon, traut sich aber nicht so recht. Wenn er in seinem Bett liegt, zieht er sich immer noch erst einmal etwas zurück, wenn man zu ihm kommt, lässt sich dann aber streicheln und berühren, ohne zusammenzuzucken. Einmal habe ich ihn sogar gebürstet (mit einer weichen Bürste), während die anderen beim Gassigehen waren, und das hat ihm gefallen. Er sieht besser aus, das Fell ist zwar immer noch klebrig, aber nicht mehr so schlimm. Und er ist schon größer geworden. - Als er uns in der Box übergeben wurde, fand ich ihn sehr klein, viel kleiner, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Einer der netten Herren von pro-canalba, die uns geholfen haben, Ivo ins Auto zu bekommen, meinte dazu, dass die Hunde "größer" würden. Und bei Ivo ist das schon der Fall.
Das Wichtigste und Schwierigste ist nun, ihn zum Laufen an der Leine zu bewegen. Denn angeleint zu sein, findet Ivo furchtbar. Aber auch da ist die Gegenwehr schon schwächer geworden und er ist erkennbar daran interessiert, den anderen beiden zu folgen. Es ist wie mit der Annäherung an uns: Er will schon gerne mitgehen, traut sich aber nicht. Wir hoffen, dass wir diesen Schritt in den nächsten ein bis zwei Wochen schaffen. - Stubenrein ist er praktisch schon, denn er erledigt sein "großes Geschäft" seit dem Zugang zum Innenhof bis auf eine Ausnahme immer dort. Mit dem Pinkeln klappt das noch nicht ganz so, da muss er offenbar nachts immer mal. Auch da verhält er sich aber "putzfreundlich": Wir haben die Teppiche mit Inkontinenzeinlagen belegt und darüber Betttücher gelegt. Dieses "Klo" nutzt er.
Geplatzt ist der "Knoten" also noch nicht, aber er löst sich zunehmend, und obwohl die Schritte ins neue Leben eher klein sind und er für alles seine Zeit braucht, ist Answald jetzt schon ein ganz anderer Hund als bei seiner Ankunft, eben nicht mehr Answald, sondern Ivo.