Unsere Gefühle, als wir Luca das erste Mal sahen, zu beschreiben, fällt schwer.
Er war ein Bild des Jammers: nur Haut und Knochen, dass Fell ein Filz aus Haaren und Kot, die Zähne faulig oder von Zahnstein, der in den Dimensionen fast an Korallenriffe erinnerte, überwuchert, das Innere der Ohren mit einer teerschwarzen Schmiere überzogen und zu all dem Elend hat er auch noch barbarisch gestunken.
Wir haben ihn erst einmal geduscht, mit mässigem Erfolg. Am nächsten Tag war es sonnig und warm, also haben wir den armen Kerl gebadet und alles verfilzte Fell weggeschnitten. Meine Fähigkeiten als Tierfriseur sind nicht sehr ausgeprägt, das Ergebnis sah etwas ungewöhnlich aus. Aber bis auf seinen wirklich furchtbaren Mundgeruch, konnten wir jetzt in seiner Nähe atmen. Auch unsere Hündin Gianna war dankbar für die Reinigung.
Seine Ohrenentzündung haben wir schnell in den Griff bekommen und unter der schwarzen Schmiere kam rosige Haut zum Vorschein. Inzwischen war er auch kräftig genug für die Zahnsanierung. Er hat den Tierarztbesuch mit Bravour gemeistert. Fünf Zähne mussten gezogen werden, die restlichen sind nach der Zahnsteinentfernung in gutem Zustand und erstaunlich weiss. Er riecht jetzt auch nicht mehr aus dem Maul.
Wir haben schnell bemerkt, dass Luca nur wenig hört. Der Tierarzt hat uns das bestätigt, Luca hört nur noch hohe Töne. Was ihn nicht davon abhält, ein exzellenter Wachhund zu sein. Wenn er etwas sieht oder hört, meldet er das sofort. Interessant sind seine Bellvariationen. Meistens tönt er wie ein höchstens 20 cm hoher Kläffer, er ist aber auch durchaus in der Lage, mit tiefer, grollender Stimme wie ein ausgewachsener Maremanno zu bellen.
Luca ist ein Sonnenschein. Er ist neugierig, will alles erkunden, ist immer gut gelaunt und liebt es, gekrault zu werden, vorzugsweise am Bauch. Er hat vor nichts Angst, findet die Welt unendlich spannend, ist freundlich und umgänglich mit anderen Hunden und mit Menschen. Anfangs war er etwas distanzlos und aufdringlich, das hat sich aber schnell gegeben. Stubenrein war er schon nach zwei Tagen. Er lässt sich überall anfassen, Pfoten waschen, Fellpflege – alles kein Problem. Nur wenn es ziept, wird er etwas wehleidig.
Es ist eine Freude, zu sehen, wie er sein neues Leben geniesst.
Hingebungsvoll und gründlich markiert er jeden Morgen „seinen“ Garten, trabt fröhlich durch das Gras, freut sich, wenn Besuch kommt und ist immer vorn mit dabei, wenn es etwas zu tun gibt. Zum Beispiel bellen, wenn Fremde am Grundstück vorbeilaufen. Gelegentlich neigt er etwas zu Überschwang. Wenn Gianna ihn aber zurechtweist, nimmt er sich zurück. Er liebt seine Spaziergänge, die ich aber immer noch kurz halte. Er ist von den vielen neuen Eindrücken jedesmal fix und fertig.
Er folgt mir in Haus und Garten auf Schritt und Tritt, hat aber inzwischen gelernt, auch mal ein paar Minuten allein zu sein. Wenn Gianna ohne ihn aus dem Haus geht, kann er ganz schön maulen, beruhigt sich aber schnell. Er ist ein eher mäkeliger Esser, ihn aufzupäppeln ist gar nicht so einfach. Aber er liebt Butterbrot über alles. Also bekommt er viele kleine Stückchen, die so ganz nebenbei zur Belohnung eingesetzt werden.
Er ist ein wirklich cleveres Bürschchen und lernt schnell. Deshalb habe ich bereits mit dem obligatorischen Hundekurs begonnen. Zu Beginn ist er immer etwas zurückhaltend, taut aber schnell auf. Seinen Lieblingsplatz hat er auch gefunden, pünktlich um 19.30 Uhr legt er sich zum Schlafen frech auf Giannas Bett. Sie trägt’s mit Fassung. Sie ist ihm gegenüber zwar immer noch etwas reserviert, aber seit er wie ein ganz normaler Hund riecht, wird ihr Verhältnis jeden Tag besser.