Jahresrückblick
Zu Carlos anstehendem 1. Jahrestag möchte ich gerne zurückschauen und mal einiges berichten…
Ich kann mich noch gut an den Abholtag im September letzten Jahres erinnern – es goss in Strömen in Kirchlengern… ganz kurzzeitige Nieselregen-Pausen und als die „Trapos“ kamen natürlich wieder Bindfäden… Nass bis auf die Unterwäsche war ich. Mein erster Hund über pro-canalba. Ich war allein vor Ort. Meine Eltern passten in der Zeit auf meine zu dem Zeitpunkt 4jährige Tochter und meine 6jährige Hündin auf.
Als Carlos / „Guiscardo“s Namen aufgerufen wurde, nahm ich den zu dem Zeitpunkt etwa 18 Monate alten kastrierten Rüden im strömenden Regen in Empfang – 1. Leine an das Geschirr geklickt – bei mir zuvor bereits an einem Handwerkergürtel um den Bauch gebunden -, Halsband etwas zu groß, aber ich wollte ihm nicht gleich am Hals rumfummeln, daher ging es vorwiegend mit dem Geschirr und einem locker sitzenden Halsband auch. Wir sind auf die Wiese zum Kennenlernen. Unterstellen war nicht möglich, da sehr viele Menschen mit Hunden vor Ort waren und es wenig Abstandsmöglichkeiten gab – zudem musste er sich nach der langen Reise auch erstmal die Beine vertreten. Er war etwas größer als erwartet/beschrieben – am Kopf mit einer langen Narbe über dem Schädel und drei weiteren kleineren Narben im Gesicht (sieht man heute kaum noch – hatte ich mit einer entsprechenden Creme behandelt). Beim Anblick dieser Blessuren wurde mir ganz schwer ums Herz und ich musste an das Lager und die furchtbaren Beschreibungen auf den verschiedenen Seiten bei pro-canalba denken… Auch etwas Nervosität stellte sich ein, was er wohl für ein Charakter wäre – nach all den Erlebnissen.
Erstes Kennenlernen mit Leckerchen und Wasser verlief ohne Probleme, ihn ins Auto zu bekommen (auch mit Rampe) war da schon deutlich schwieriger. Aber dafür hatte ich Wiener Würstchen Stücke mit. Neben mir stand ein Paar, das im Auto seinen ersten Hund von pro-canalba mit hatte und am gleichen Tag wie ich einen zweiten dazu adoptierte. Absolut nette Menschen, die mir zusprachen – in Bezug auf meine Bemühungen, Hilfe anboten (beim „Verladen“) und einen im Regen auf der großen Wiese einfach mit willkommen hießen. Trotz mehrerer Anläufe mit „Pillern“ auf der Wiese im Regen – Carlo pillerte nicht. Im Auto musste er kurz auf mich warten, als ich seinen Impfpass abholte – aber das verlief ohne Probleme: Ich habe so lange gewartet bis er ruhiger wurde – Leckerlies waren wieder eine große Hilfe – er vertüddelte sich nur bei der Anbindung im Kofferraum mit seinen langen Beinen. Auf der Heimfahrt (30 Minuten) hatte er dann auf die Decke im Hundebett genässt – aber auch das war kein Thema: Die kam später in die Waschmaschine und gut. Ich habe mich schnell umgezogen – meine Eltern blieben so lange bei ihm auf der Terrasse - und ich bin dann mit beiden Hunden im Regen eine große Runde Gassi zum Kennenlernen gegangen ... und den Rest hatte ich schon geschrieben in seinen ersten Einträgen hier.
In der Zeit bei uns – im Grunde die ersten Wochen direkt – ist er zügig 10 cm gewachsen und hat 15 kg zugenommen. Durch das „bessere“ Futter ist sein Fell auch deutlich glänzender und noch schöner geworden. Die Ohren waren sehr dreckig – da konnte ich nach Wochen auch noch immer wieder was rausholen, aber der Tierarzt meinte, es sei wirklich nur Dreck.
Die Zähne waren für einen 1 1/2jährigen Hund in einem schlechten Zustand – ich hatte mich bereits auf eine notwendige Zahnbehandlung eingestellt… aber nachdem er den „Dreh“ bei Kaustangen kauen und essen „raus hatte“ (sie fielen ihm die ersten Tage immer aus dem Mund – er wusste erst nicht, wie kauen bzw. wie beißen), löste sich nach und nach der Belag und der Tierarzt gab die Rückmeldung, dass nun (mit dem Ablösen) keine Notwendigkeit für einen Eingriff mehr besteht. War natürlich eine Erleichterung ;-), ihm dies nicht zumuten zu müssen unter Narkose.
Ich musste ihn nicht wegen einem unangenehmen Geruch in der ersten Zeit baden – das erste Mal im Garten gebadet haben wir ihn im Juni diesen Jahres und auch nur, weil er nach dem Bürsten immer so viele kleine Schuppen im Fell hatte. Nach einem 2. Bad 1 Monat später (nochmal wegen Rest Schuppen) im Garten mit Welpenshampoo sind die Schuppen seitdem vollständig weg.
Charakterlich ist er unser großer Schmuse - Teddybär. Ziemlich schnell – im Grunde auch die erste Woche zeigte sich, dass er eine große Liebe für meine Tochter empfindet. So einen geduldigen, kinderlieben Hund hatten wir noch nie – und er ist jetzt mein 5. Hund (der 2. aus dem Tierschutz).
Die größte Hilfe war dennoch meine Hündin. Ohne sie hätte Carlo sicher nicht so schnell Vertrauen zu uns gefasst und sich im Alltag eingefunden – er geht mit uns seit seinem 3. Tag in Deutschland mit ins Büro (großes Haus mit eingezäuntem Garten). Ich hatte sie in ihrer Sozialkompetenz unterschätzt – sie hat mich wirklich positiv überrascht: ich dachte am Anfang, sie hätte eher ein Problem mit ihm, aber er ist sie ja zweimal angegangen – was im Übrigen nicht einmal wieder aufgetreten ist: Ganz im Gegenteil – er traut sich nicht, etwas zu essen, wenn sie in seiner Nähe steht und ihn beobachtet. Erst wenn sie ihr „Okay“ (sich abwendet) sozusagen gibt, frisst er. Absolut erstaunlich, weil er wirklich deutlich größer und stärker ist als sie – aber er respektiert sie. Auch dies gehörte natürlich zu seinem Sozialisationstraining, was quasi an Tag 1 begann.
Ihn zu erziehen, war nur insofern Arbeit, als dass Carlo absolute Konsequenz braucht und klare Regeln. Er ist sehr wissbegierig und hört bei mir und auch bei Dana aufs erste Wort. Bei meinen Eltern sah es anders aus – die Kommandos wurden schlichtweg ignoriert. Der gemeinsame Urlaub brachte deutliche Besserung. Leider ist er auch territorial geworden, was im Urlaub ja eine Herausforderung war. Zuhause reicht ein Blick von mir, wenn er im Garten „den Larry“ anfängt – ich brauche nichts sagen, nur streng gucken und er kommt schwanzwedelnd und mit angeklappten Öhrchen zu mir. In der Firma ist es nicht annähernd so „laut“ – aber bei meinen Eltern im Garten beispielsweise auch. Und das Buddeln hat er dort für sich entdeckt .
Bei uns ist es die Sandstelle unter der Schaukel meiner Tochter – das ist sein Lieblingsplatz (gerne morgens früh, wenn alles noch etwas feucht ist und intensiv riecht). Sowieso liegt er sehr gern draußen bei Wind und Wetter – das habe ich ja schon einige Male bei unseren Einträgen aufgegriffen :-). Wenn wir nach Hause kommen (vom Arbeiten), legt er sich erstmal eine halbe Stunde unter meine Hochstammrosen ins Kiesbeet. Immer der gleiche Platz – von dem er das Carport und die Terassentür am besten im Blick hat.
Er ist allerdings auch ein Hund, der nach vorne geht – das heisst, er entscheidet gern selbst – und möchte dann „vermeintliche Gefahrensituationen“ auch selbst klären. Seine Körpersprache ist immer eindeutig, daher kann ich diese Situationen „lesen“ und ggf. eingreifen. In dem Zusammenhang war ich aber froh, Hundeerfahrung zu haben: Ich hatte mir den Infotext zu Herdenschutzhunden hier bei pro-canalba bei Hunden, die Maremmano-Mischlinge sind, durchgelesen. Manches trifft auf ihn zu. Anderes nicht. Vielleicht hatte er diese Rasse auch in in irgendeiner Generation seines Stammbaums – oder eine andere Herdenschutzhundrasse… mir war die Erfahrung mit meinen Ridgebacks eine unheimliche Hilfe im Umgang mit ihm: Auf freundschaftlicher Ebene mit guter Fürsorge klappt es hervorragend. Dominanz / Unterordnung (erzwingen wollen) in keinem Fall.
In den ersten Wochen und auch noch Monaten schlief er allein im Wohnzimmer und in der Küche (ich habe alle Räume im Erdgeschoss) auf dem Boden - nachdem ich ihn nach den ersten Nächten ohne Leine am Bett sicher war, dass er sich meldet, wenn er muss. Erst mit der Zeit legte er sich von sich aus mit uns ins Schlafzimmer in sein Körbchen – wechselt zwar auch dann in der Nacht den Schlafplatz – aber dieses gemeinsame Einschlafritual war ihm am Anfang einfach zu viel (hatte ich das Gefühl): Er hat die Ruhe gebraucht – und dass er mal „alleine“ sein kann, wenn er das möchte.
Was überhaupt nicht sein Fall ist, sind Berührungen mit dem Fuß – egal wie „zart“: Carlo springt sofort auf und geht etwas weg. Ob er getreten wurde… man weiß nicht, aber das ist wirklich auffällig. Der Golden Retriever, den wir mal hatten (als ich Teenie war), „liebte“ das Kraulen mit den Füßen und legte sich von rechts nach links über den Rücken rollend – Lefzen nach hinten geklappt mit überstrecktem Kopf… er hat es geliebt. Aber Carlo – wir versuchen ihn jetzt etwas zu desensibilisieren… aber ohne ihn zu ärgern. In kleinen Schritten.
Ohne Leine hab ich ihn beim Gassi gehen noch nicht laufen lassen – die Schleppleine ist unterwegs am Feld zumindest noch dran – im Dorf und auf dem Weg zum Wald oder ans Feld die kürzere Lederleine. Gerade weil er auch selbst entscheidet, ist mir das Risiko einfach zu groß. Ich habe einfach Angst um ihn. Zu Hause und in der Firma läuft er natürlich „frei“. Und in der Hoftür bei meinen Eltern, in meiner Carporttür, wenn ich die Rampe ans Auto stelle oder bei geöffnetem Kofferraum – Carlo bleibt stehen. Beim Einsteigen ins Auto wartet er „ganz Gentleman“ und lässt der Hündin den Vortritt. Beim Aussteigen ungern .
Nach dem Urlaub (ich hatte ja ausführlich berichtet) war er insgesamt ruhiger/entspannter – und ich hatte den Eindruck, dass er „noch mehr connected“ ist – an/mit uns. Er ist jetzt wirklich „da“ – Carlo hat sein neues Leben absolut für sich genutzt – und um abschließend Cesar Millan zu zitieren: Wir kriegen nicht immer den Hund, den wir wollen, sondern den, den wir brauchen. Und so war es: Er hat so viel Freude und Liebe wieder in unser Leben gebracht – ich dachte nicht, dass ich dies nach dem Tod meines Ridgeback Rüden Noah (ich musste ihn mit 12 ½ Jahren einschläfern lassen – aber ich kannte ihn seit er 4 Wochen alt war und wir beide haben 7 Jahre allein gelebt, bevor erst meine Hündin und dann meine Tochter dazukamen) wieder zulassen kann. Aber Carlo kam durch die „Hintertür“ leise ins Herz geschlichen – ich hab ihn zwar ausgesucht, aber er war als Weggefährte für meine Hündin (sie hat sehr gelitten und war wirklich depressiv ohne Noah) und meine Tochter Dana gedacht. Dana und Carlo verbindet auch ein besonderes Band. Er ist ihr Seelengefährte – aber er ist mit so viel Charme, Frohsinn und Stärke präsent… Er ist einfach ein (Himmels-)Geschenk. Wir (meine Tochter und ich) sagen immer, Noah hat ihn geschickt, damit wir wieder lachen und glücklich sein können.
Selbst mein Vater konnte seiner Charme-Offensive nicht widerstehen… Er war so skeptisch und hat auch negativ gesprochen, dass ich einen (Tierschutz-)Hund aus einem „Hundelager“ nach Hause holen will – zu meiner kleinen Tochter… wer weiß, was da alles passiert…
Nichts ist (Gott sei Dank) passiert – ich habe auf mein Bauchgefühl vertraut – und auf meine Hundeerfahrung. Und es wurde alles noch viel besser als überhaupt gehofft. Und mein Vater – mittlerweile am Rollator laufend – krault ihn bei jeder Gelegenheit und schmunzelt bei jedem Quatsch, den Carlo dort im Garten anstellt. Auch in sein Herz hat sich Carlo geschlichen.
Maya ist jetzt 7 – ich musste mit ihr einige Male in den letzten Monaten in die Tierklinik – sie macht mir wirklich Kummer die letzte Monate (wenn eine Sache abgeschlossen ist, kommt was Neues). Dass ich sie solange wie Noah behalten darf, traue ich mich fast nicht zu glauben… Und Carlo ist so lieb zu ihr – so offensichtlich fürsorglich und Trost spendend. Wundervoll!
Carlo ist jetzt 2 ½ und Quatsch macht er nur noch, wenn er seine verrückten 5 Minuten hat ;-). Wir genießen einfach unsere gemeinsame Zeit und sind dankbar für jeden Tag zusammen.
Am Freitagmorgen, den 11.8.23 habe ich übrigens mein erstes Schlabber-Küsschen von Carlo bekommen: Beim Bürsten musste ich mich neben ihm runterbeugen, um die Brusthaare (er saß) zu bürsten und er schleckte mir nebenbei ordentlich den Hals ab . „Knutschen“ ist sonst nicht so „seins“, daher war das schon eine kleine Ehre. Fast ein Jahr nachdem er eingezogen ist. Er lehrt mich Geduld – und Aufmerksamkeit und Wertschätzung in den kleinen Schritten und Erfolgen ab Tag 1. Und das macht mich sehr zufrieden – mit dem was wir haben. Ein großes (Lebens-)Geschenk.
1000mal Danke, liebes pro-canalba Team – insbesondere in unserem Fall Frau Könemann als Carlos´ Vermittlerin (sie hätte uns nicht besser betreuen können) , für Eure Arbeit und Eure starken und großen Herzen! Ihr leistet im Grunde Unvorstellbares – ich habe eine tiefe Ehrfurcht davor.
Habt unendlich Dank! Und bitte macht weiter.
Mareike & Dana & Maya & Carlo & Noah (auf seiner Wolke)