Wir hatten bis März dieses Jahres noch nie vom “Segugio italiano” gehört. Die meisten anderen Menschen übrigens auch nicht.
Vor einiger Zeit hielt ein Auto neben uns an, und heraus kam die Frage: “Ist das ein Vizsla?” Nein, ist er nicht.
Nur einmal wurde Bucefalo richtig identifiziert, von einer Dame, die selbst einen Segugio (“sein Ebenbild”) besaß.
Das erste, was man lernt: Segugi sollen sensible Tiere sein. Wir wissen inzwischen aus eigener Erfahrung: Das stimmt!
Wer seine Kenntnis aber vertiefen möchte, wird nicht schnell fündig. Bücher sind selten. Ich entdeckte irgendwo einen Dokumentarfilm über die Rasse; in der Beschreibung hieß es: “(Il Segugio) ha un bisogno costante della presenza e della considerazione del padrone”. Auch das können wir bestätigen!
Als der “padrone” einmal für einen Räderwechsel in die Stadt mußte und Bucefalo alleine mit seinem Frauchen zuhause blieb, hat er drei Stunden lang geheult. Das war vielleicht schmeichelhaft für mich, weniger angenehm für meine Frau, die ihn doch nicht weniger liebt als ich.
Wir haben seit Jahrzehnten Erfahrung mit Jagdhunden: zuerst mit einem Terrier, dann mit einem Dackel, dann mit einem Basset.
Trotzdem ist jeder Hund anders, und das wundert nicht: Viel hängt davon ab, was die Tiere in ihrem vorigen Leben durchgemacht haben, und von ihrem individuellen Charakter.
Auch Bucefalo hat eine besondere Persönlichkeit. Wir vermuten, daß er einmal ein schwieriges Herrchen gehabt hat, das vor allem beim Essen strenge Disziplin walten ließ. Auf jeden Fall mag er es nicht, wenn jemand dabei ist, wenn er sein Essen bekommt.
Ein Leckerli? Er flieht damit die Treppe herunter und sucht sich eine sichere Stelle.
Auch geht er davon aus, alles sei verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist:
Er schaut einen flehend an, wenn die Leine ihn daran hindern, eine besonders interessante Schnupperstelle zu erreichen;
es hat viele Einladungen gebraucht, bis er sein Körbchen in der Küche angenommen hat;
es dauerte Monate, bevor er die Treppe vom ersten Stock zum zweiten hochging. Erst vor kurzem hat er unser Bett für sich entdeckt, als ich so unklug war, ihm diesen Platz an der Sonne zu suggerieren.
Nur, wenn Gefahren drohen, wird er zurückgepfiffen. Ansonsten darf er fast alles, und wir behandeln ihn eigentlich wie Großeltern ihr einziges Enkelkind.
Das ist vielleicht kritikwürdig, aber wir freuen uns, wenn er sich freut, und wenn wir sehen, wie lustig er mit seinen Stelzenbeinen, seinem Wedelschwanz und seinen langen Ohren hin und her flitzt, fällt es uns schwer, ihm etwas zu verweigern. Und wer hat je einen Hund gesehen mit Händchen anstelle von Füßen?
Die ersten Monate hatten wir Sorgen um ihn, aber nachdem er seine “Kinderkrankheiten” überwunden hatte, konnten wir uns ohne Reserven an ihm erfreuen. Dabei sind wir uns nicht ganz sicher, auf welcher Stufe der Treppe “Vertrauen - Respekt - Liebe” wir inzwischen angelangt sind, übrigens auch nicht, ob Bucefalo diese Reihenfolge einhalten möchte.
Sicher ist: Wir mögen und brauchen uns gegenseitig –und das ist, glaube ich, eine gute Basis.
Kurz: Wir sind sehr glücklich mit ihm und froh, daß er bereit ist, sein Haus mit uns zu teilen.