Ich habe Pierce am 22.10.19 im Sicheren Hafen nahe Rom abgeholt. Schon auf der Fahrt war klar, ganz geheuer ist ihm die neue Situation nicht. Vorsichtshalber hat er während der acht Stunden Fahrt nicht mal einen Schluck Wasser zu sich genommen, damit er auch ja nicht aussteigen muss. Die ersten 500km war er damit beschäftigt, vor Geräuschen aus dem Radio und den Lichtveränderungen zwischen Tunnel und nicht-Tunnel Angst zu haben. Und ich glaube für ihn war das schlimmste, dass er allein war. Kein anderer Hundekumpel da und ich war für ihn wirklich kein guter Ersatz. Da er also eher in Schockstarre war, war die Fahrt für mich recht unkompliziert.
"Zuhause" angekommen, waren da zwar endlich wieder andere Hunde, aber die schienen eine eingeschworene Gruppe zu sein und auch noch zwei Katzen als Unterstützung zu haben. Und ins Haus hinein wäre er freiwillig nie gegangen. Wir haben ihn einfach reingetragen. Wie unbekannt ihm das alles war, war offensichtlich. Zum Beispiel ist er erst zweimal volle Lotte in die Fensterscheibe reingerannt, bevor ihm das Phenomän Terrassentür klar wurde.
Aufgrund all dieser Eindrücke, lange Autofahrt, getrennt von allem Bekannten, ohne andere Hunde, dafür neue, unbekannte Hunde, Kinder, Katzen, ein Haus, neue Gerüche und Geräusche, ist er schließlich in den Tiefschlaf gefallen. Das allerdings recht selbstbewußt mitten im Wohnzimmer und dass obwohl er vorher mit eingezogenem Schwanz 10 Zentimeter über dem Erdboden gekrochen ist.
Jetzt ist er eine Woche hier. Menschen gegenüber ist er immer noch schüchtern. Lustigerweise ist draußen alles einfacher als drinnen.
Ich schlafe momentan noch bei ihm im Wohnzimmer, auf der Couch. Die Stubenreinheit bedurfte nämlich etwas Aufmerksamkeit. Das Problem ist, dass er nach wie vor seine Bedürfnisse kaum zeigt. Das heißt er winselt nicht, wenn er raus muss, er kratzt auch nicht an der Tür oder bellt oder kommt her, wenn er raus muss. Im Tierheim ist das natürlich auch nicht nötig, bzw. sinnlos. Deshalb muss man ihn tagsüber gut im Auge haben, um rechtzeitig zu erkennen, dass er pieseln muss. Nachts geht das natürlich nicht so gut, weil man ja irgendwann schlafen muss. Da ich auch im Wohnzimmer schlafe, habe ich ihn dann aber mehr oder weniger rechtzeitig gehört, wenn er aufgestanden ist und rausgefunden, zu welcher Uhrzeit er mal muss. Mittlerweile haben wir also auch für die Nacht einen guten Rythmus entwickelt und es funktioniert super.
Mit den drei anderen Hunden hat er sich schon gut arrangiert, das wächst zusammen. Auch mit den Katzen geht er anständig um und nähert sich ihnen langsam. Es ist so schön zu sehen, wie er mit jedem Tag mehr und mehr ankommt und auftaut. Unsere neun Jahre alte Viszlar-Hündin ist seine Zieh-Mama, von ihr lernt er ganz viel, und nachdem sie sehr gut hört, ist auch er schon ein kleiner Streber. Ich bin sehr froh, dass es die anderen Hunde gibt, sie helfen ihm sehr, vor allem weil er Menschen gegenüber immer noch schreckhaft ist und weghüpft, wenn man ihn anfassen will. Sie machen vieles leichter, weil er einfach tut was sie tun.
Aber immer wenn sein "Ich" durchblitzt, dann freue ich mich, dass ich mich auf dieses Abenteuer eingelassen habe, auch wenn es Zeit und Geduld und Arbeit bedeutet. Er ist ein so ausgesprochen freundlicher, kluger Hund, bemüht alles richtig zu machen. Noch zumindest, denn er hat auch eine gehörige Portion Schalk im Nacken.
Ich bin gespannt wie er sich weiter entwickelt. Die ein oder andere Schote wird da schon noch kommen. Aber ich möchte ihn bereits jetzt nicht mehr missen, und um das alles weiterhin in die richtigen Bahnen zu lenken, habe ich uns gestern in der Hundeschule angemeldet.
So, und jetzt muss ich Bauch kraulen gehen, denn abends, wenn es im Haus ruhig wird, genießt er die menschliche Nähe mittlerweile schon sehr