"Vor 5 Monaten bin ich hierher verfrachtet worden, ich hatte keine Ahnung, wie mir geschah, alles, was ich kannte, war plötzlich weg, auch mein Bruder, mein einziger Vertrauter. Ich hatte solche Angst, dass ich mich gar nicht rühren konnte für viele Wochen und in der Ecke meiner Box ausgeharrt habe. Wenn jemand näher kam, hat sich mein Körper automatisch versteift und ich habe versucht, in der Ecke zu verschwinden. Ich brauchte eine ganze Weile, bis ich zum Gassigehen selber raus kommen konnte. Mein Mensch hat mir nach ca. 2.5 Monaten die Box einfach weggenommen, das mochte ich gar nicht! Meine Mama wusste nicht so recht, was mir helfen könnte und hat einiges ausprobiert.
Ich traute mich ja nicht mal, meine Menschen auch nur kurz anzuschauen... ich versuchte, mich unsichtbar zu machen, aber mein Mensch hat darauf bestanden, mich mind. 3x pro Tag wenigstens zum Pipimachen nach draussen zu bringen, ich gebe zu, das war schon nötig. Von Anfang an habe ich nämlich kein Pipi gemacht drinnen, das erschien mir nicht richtig! Fressen wollte ich nur, wenn niemand zuschaute, sogar Leckerlis mag ich bis heute noch nicht direkt nehmen, nur, wenn sie eine Weile ungestört vor mir liegen und ich sie ganz besonders mag, esse ich sie. Mein Essen mag ich aber schon gerne, BARF heisst das, glaube ich...
Nun finde ich mein Bett suuuuper, es ist sooo bequem und in einer Ecke. Und obwohl ich alles sehen und hören kann, fühle ich mich so sicher. Rumlaufen in der Wohnung mag ich noch nicht, draussen aber schon
Gerne laufe ich im Rudel, was wegen der 2 Hunde, die oft hier sind, dann möglich ist.
Draussen hat meine Mama zu Beginn nicht gemerkt, dass sie mir sagen muss, wenn ich mein Geschäft verrichten durfte, weshalb ich halt dann auf die Strasse gemacht habe, bevor ich geplatzt bin. Aber jetzt merkt sie es zum Glück und stellt sich mit auf die Wiese. Dafür bin ich wirklich dankbar! Überhaupt merkt sie meistens, was mit mir los ist und hilft mir dann entsprechend. Ich merke, dass sie manchmal traurig ist, weil ich eben so bin. Aber ich merke auch, dass sie mich versteht und ich weiss, dass sie es gut mit mir meint, sie sagt mir täglich ganz leise und nah, dass sie mich liebt und wir es gemeinsam schaffen werden, dass ich meine Angst ablegen und ein freier Hund werden kann, der Zuwendung und Liebe geniessen kann. Sie setzt sich immer wieder neben mich und streichelt mich, und so langsam ist es ganz o.k. für mich. Manchmal lege ich dann den Kopf ab und meine Augen wollen ein wenig zufallen. Aber nur ein wenig. Habe ich jetzt wirklich ein Zuhause und eine Familie???
Anfangs Februar ist ein neuer Hund eingezogen bei uns, sie heisst Lilly (ehemals Juliet) und ist nun Ende März 8.5 Monate alt und ein richtiger Wirbelwind. Immer wieder springt sie auf mein Bett und benimmt sich unmöglich aufdringlich und distanzlos! Schon einige Male musste ich ihr die Grenzen aufzeigen und knurren. Aber wenn ich neben meinem Bett mein Futter kriege, muss sie draussen bleiben, sonst frisst sie mir sofort alles weg...
Draussen rennt sie mir ständig vor der Nase rum und flitzt mit jedem daher gelaufenen Hund wie wild umher. Manchmal zieht es mich einfach ein paar Schritte mit, wenn alle so rennen. Mein Mensch freut sich dann immer sehr und lacht mich an. Natürlich reisse ich mich sofort zusammen und laufe wieder ganz brav nebenher. Vielleicht renne ich irgendwann mal mit...
Auf jeden Fall bleiben wir oft stehen, wenn wir andere Menschen mit ihren Hunden treffen, Mama kennt fast alle! Überall rennen dann Hunde rum und das strengt mich ganz schön an, sodass ich nun sogar schon einige Malle bellen musste, worauf alle ganz erstaunt waren und sich freuten.. Wenn ich Hunde treffe, mit denen ich keinen Kontakt möchte, die aufdringlich sind oder ich einfach genug habe, stellt sich mein Mensch vor mich hin und schützt mich.
Die Menschen hier sind eigentlich alle nett, sie mögen mich, glaube ich, denn einige wollen mich anfassen, seit kurzem kann ich sogar stehen bleiben, damit sie mich ein wenig streicheln können und ich schaue ihnen dann kurz in die Augen. - Sind wohl doch ganz o.k., die Menschen..."
So ungefähr zeigt sich Miro bis jetzt. Hatte ich nicht erwartet, ganz ehrlich. Die ganze Grausamkeit der italienischen "Canilepolitik" widerspiegelt sich in diesem Hund.
Verängstigt bis panisch. Gestresst. Angespannt bis verkrampft. Unsicher. Traurig. Komplett passiv. Depressiv. Irgendwie ausgeknipst.
Am schwierigsten ist die Tatsache, dass er durch rein gar nichts motivierbar ist. Er braucht einfach seine Zeit, viiiiel Zeit, um zu heilen und jemand zu werden, eine Persönlichkeit aufzubauen.
Seit Lilly da ist, hat er doch ein paar Schritte gemacht, mein grosser Schwarzer. Ein wenig scheint ganz selten sein Wesen durch, das lustig und interessiert an seiner Mitwelt ist. Genau deswegen kam ein Junghund dazu, sie soll ihn ein wenig aus der Reseve locken!
Ich liebe ihn sehr, bleibe dran und warte..., solange, bis er aus seiner Schale kommt, eines Tages.
So langsam glaube ich, dass ich jetzt wirklich eine Familie habe