Nun ist sie also in Österreich geblieben, die Veronica. Eigentlich wollte ich nach dem Tod unserer unvergesslichen Hündin Flora vorerst keinen Neuzugang aufnehmen... und auch in der aktuellen Hundegruppe wäre ein „Überraschungspaket“ zu riskant gewesen. Aber dann war genau einer dieser ewig inhaftierten, mittlerweile ergrauten Fattoria-Hunde am anderen Ende unseres Landes gelandet… und gestrandet. Wenig später befand sie sich nur mehr 2 Autostunden entfernt auf ihrer Notpflegestelle, und das neue Video zeigte eine ausgeglichen wirkende Hündin…
Nach einem langen Telefonat mit der Pflegestelle, die mir auch aussagekräftige Fotos und Videos schickte, war der Entschluss gefasst. Nachdem ich dort sehr nett empfangen worden war, um die gut auf ihr neues Leben vorbereitete Dunkelhaarige und ihren Umgang mit den dortigen Hunden zu beobachten, ging die Reise für sie noch weiter in Richtung Osten.
Veronica ist der erste Hund hier, der den Umweg über eine Pflegestelle gegangen ist, und ich denke, dieses Beispiel zeigt gut, wie unverzichtbar gute Pflegestellen sind, die Hunde auffangen, vorbereiten, ausführlich beschreiben und die Möglichkeit bieten, den Hund kennen zu lernen. Es muss ja nicht immer die Direkt-Adoption sein.
Mittlerweile sind 10 Tage vergangen und Veronica hat sich gut eingelebt. Die portionsweise Zusammenführung mit den 5 Rüden ging recht schnell. Die selbstbewusste Dame mit erstklassigem Sozialverhalten sparte angesichts des freudigen Überschwangs der Youngster nicht mit Zurechtweisungen. Auch „Gott“ Ciccio, den sie anfangs göttlich fand, bekam postwendend eine unmissverständliche Rückmeldung, als er ihr unverblümt die Tür (bzw. das Gartentor) wies. Darauf, dass hier nach exakt 5 Monaten wieder eine resolute Lady das Sagen hat, war auch er nicht gefasst…
Wenn Veronica die Hunde anknurrt, dann, um sich Distanz oder Respekt zu verschaffen (was anfangs noch öfter der Fall war), oder um Ordnungshüterin zu spielen. Die Hunde „sprechen“ miteinander und sind auch nicht wirklich schreckhaft, wenn der Ton mal lauter ist. Und als Mensch kann man das Geschehen ja nötigenfalls lenken.
Überraschenderweise ist sie ein Abbild meines verstorbenen Belgier-Rüden, wenn auch in Kohle gewälzt und mit Schlappohr-Einschlag. Auch vom Wesen her ist sie sehr Belgier-typisch: eine stolze, schlaue, menschenbezogene Hündin, die sehr fein kommuniziert, bei den Hunden gern die Polizistin spielt und diesen witzigen, unwiderstehlichen Charme hat, mit dem sie Menschen um den Finger zu wickeln weiß.
Im Alltag, auch in der Nacht, ist sie unkompliziert – anfangs war sie noch etwas verhalten, aber mittlerweile ist sie unbeschwert und fröhlich. Sie liebt es, das Geschehen zu beobachten, kann auch gut ruhen, und beim Kochen assistiert sie gerne. Kontaktliegen mit den Hunden ist nicht so ihr Ding, lieber liegt sie im eigenen Bettchen oder am Boden. Die vorerst 2 Stunden Alleinbleiben klappen problemlos, und so konnte der große Italiener fast unterbrechungsfrei wieder in Form von XL-Runden seine Psyche pflegen. Währenddessen hütet sie zusammen mit Landsmann Dolcetto das Haus, denn im Gegensatz zu den Ösi-Kollegen benötigen die beiden beim Alleinbleiben keine geschlossenen Räume.
Grundsätzlich ist sie mehr der „Morgenstund-hat-Gold-im-Mund“-Typ. ...Aber wir nähern uns langsam der Mitte eines Meinungsunterschieds von 3 Stunden an.
Veronica geht gerne in der Natur spazieren, in manchen Situationen ist sie noch etwas schreckhaft, aber da lassen wir die Zeit arbeiten. Sofern uns die Uropis im Frühjahr noch weg lassen, wird die leidenschaftliche Autofahrerin dorthin mitkommen, wo es bei uns mit Hunden am schönsten ist: in die Bergwelt. Sie ist ja schließlich „erst“ eine Omi. Eine agile Omi.