Dieser Hund wurde vermittelt von www.pro-canalba.eu

Mein 'jetziger' Name
Kurt

Mein Name im Tierheim
Potassio

Rasse
Mischling

Geboren ca.
2010

Das ist mein Hund und ich möchte gerne einen neuen Happy End Beitrag hinzufügen

Eintrag vom 08.03.2023
Letzter Brief von Frauchen

Am Abend des 6. März hat Kurt seine letzte Reise angetreten. Er schlief zu Hause in meinen Armen ein, nachdem er kurz zuvor noch mit Wonne eine besondere Leckerei verspeist hatte, die ihm auf Grund seiner Allergie früher verwehrt war. Nach Meinung des Tierarztes war es an der Zeit, ihn zu erlösen, da der Krebs sich in seinem Körper massiv ausbreitete und zu immer häufigeren Durchfällen und wohl auch Beschwerden führte. Davon ließ er sich allerdings fast nichts anmerken, er ging bis zum letzten Tag mit uns spazieren, wenn auch in sehr langsamem Tempo, er freute sich über sein Essen und quittierte jede Aufmerksamkeit, jedes Streicheln mit einem dankbaren Schwanzwedeln. Nicht ein einziges Mal ist ihm ein „Malheur“ in der Wohnung passiert, immer hat er rechtzeitig angekündigt, wenn er wieder mal dringend raus musste, und das sehr häufig und vor allem nachts.

Kurt war – auch nach Meinung von Außenstehenden – ein ganz besonderer Hund und der bravste und unproblematischste Begleiter, den ich je hatte und auf den ich stolz war. Er war lieb und sanft zu allen Menschen und Hunden, folgsam und immer bestrebt, alles richtig zu machen, eine durch und durch gute Seele. Obwohl er nur knapp zwei Jahre bei mir war, hat er mein Leben geprägt und sehr bereichert. Ich habe viel von ihm gelernt, und auch dafür bin ich ihm dankbar.

Sein Tod hinterlässt eine riesige Lücke, sein warmer Blick aus den großen Kulleraugen fehlt ebenso wie sein warmes, rehbraunes Fell  oder – um seinen Vermittlungstext zu zitieren – sein „honigfarbenes Kleid“.  Ohne ihn erscheint das Haus nun leer und kalt.

Liebes Bärchen, du fehlst so sehr! Deine Familie und alle, die dich näher kennenlernten, trauern um dich. Dich auf der letzten Etappe deines Langezeit entbehrungsreichen Lebens zu begleiten und dir die Freundlichkeit und Liebe, die du großzügig an deine Umgebung verschenkt hast, zu erwidern, war mir eine Ehre. Du hast immer einen festen Platz in unserem Herzen.

 

Ciao, Kurt!

 

In Liebe,

dein Frauchen

Eintrag vom 20.02.2023
Letzter Brief von Kurt

Nachricht von Kurt:

Hallo Leute in "Bella Italia",

es ist echt eine Crux mit dem Schreiben. Sooo lange habe ich es schon vor, aber irgendwie kommt mir immer was dazwischen. Um ehrlich zu sein, Frauchen tritt mir schon seit Monaten auf die Pfoten und erinnert mich immer wieder daran. Aber in den letzten Tagen wird sie echt penetrant, warum auch immer. Sie meint, dass ich nicht gut sehe, sei ja klar erkennbar, aber ich könne mich nicht herausreden damit, dass ich auch nicht gut höre, denn das wisse sie definitiv besser. Nun gut, ich gebe zu, sie hat Recht, ich höre für mein Alter noch spitze, aber manchmal… naja, ihr wisst ja, es gibt Situationen, da hat man keine rechte Lust, gut zu hören. Kommt hinzu, dass ich in letzter Zeit oft müde bin und mich ausruhen muss, und das hat schließlich Priorität. Wenn ich wach bin, muss ich meist Futter organisieren - also nicht wirklich so wie früher oder wie die Streuner, die wir fast alle mal waren. Nein, ich meine, ich muss so eine Art Hypnose betreiben, Frauchen oder andere potentielle Futterlieferanten gefühlt stundenlang mit kugelrundem, durchdringendem Blick fixieren, bis sie es eben nicht mehr aushalten. Traurig ist das, dass ich zu solchen Mitteln greifen muss,  aber leider notwendig, weil wir nach wie vor eklatante Meinungsverschiedenheiten haben, was die von mir benötigte Futtermenge betrifft. Ich bin ja angeblich Allergiker, aber das kann doch nicht der Grund sein, mich nicht ordentlich zu ernähren. Als ich hier ankam, war ich um einiges fülliger, ein griffiger Typ eben, aber jetzt bin ich nur noch ein Schatten meiner damaligen Leibesfülle. Das könnt ihr übrigens selbst sehen, wenn ihr die alten Fotos mit neueren vergleicht.

Ich füge mal heute noch welche hinzu. Die sind zwar mehrheitlich vom Sommer, sog. Urlaubsfotos, aber mein Gewicht ist leider immer noch das gleiche. Wir haben nämlich im Sommer die Wohnung gewechselt. Es begann mit einer langen Autofahrt, was ich gar nicht liebe, und nach vielen Stunden machten wir dann halt und gingen in ein anderes Haus. Das einzig Gute daran war, dass es keine Treppen gab, die benutze ich nämlich zu Hause nicht, weil man da durchgucken kann. Wer garantiert mir, dass ich bei meinem Fliegengewicht nicht zwischen den Stufen durchrutsche und mir dabei die Knochen breche? Also in diesem neuen Haus gab es keine Treppen, und so konnte ich meinen Mitbewohnern immer mal einen Besuch in ihrem jeweiligen Schlafzimmer abstatten und kontrollieren, ob alles in Ordnung war. Schön war auch, dass wir so oft zum Wasser gingen und zum Sand. Ich hatte ursprünglich, wie ihr vielleicht noch wisst, mit diesem Element nichts am Hut, aber ich gestehe, dass es mir nach einiger Zeit Spaß gemacht hat, mit den Pfoten durch die Wellen zu waten und dabei den Sand zu spüren. Man muss es ja nicht übertreiben und gleich schwimmen, das haben nur so ein paar verrückte Vierbeiner gemacht, die sich von ihren Herrschaften ständig irgendwelche Wasserspielzeuge haben werfen lassen, um sie dann rauszufischen. Gefühlt 50mal nacheinander, total bescheuert. Also aus diesem Alter bin ich schließlich raus, ich muss niemandem beweisen, was für ein agiler Typ ich bin, ich überzeuge auch so mit meinen Qualitäten. Und wer unbedingt was ins Wasser reinwerfen will, soll es doch gefälligst selbst rausholen.

Naja, als ich endlich richtig angekommen war, packten meine Herrschaften wieder das ganze Zeug ins Auto, ich musste wieder auf der Rückbank Platz nehmen, und dann ging es die ganze lange Strecke zurück. Den Sinn dieser Unternehmung habe ich bis heute nicht kapiert.

So was Ähnliches haben die dann im Spätjahr nochmal mit mir gemacht, nur sind sie dieses Mal nicht zum Wasser gefahren, sondern in einen Wald auf vielen Hügeln. Da sind wir jeden Tag im Wald und auf den Wiesen spazierengegangen, und ich konnte in fast unberührter Natur schnüffeln wie selten in meinem Leben. Das war auch nicht schlecht, zumal ich auch hier immer überall dabei war. In dem neuen Haus waren allerdings Treppen, die ich auch nicht gehen konnte, das hat die Freude ein wenig geschmälert. Wichtig war aber, dass ich in Küchennähe logiert habe, also jegliche Bewegungen darin im Blick und im Ohr hatte.

Danach war schon fast wieder Weihnachten, das ist ebenfalls ein Event wegen der vielen Leckerli-Geschenke, die ich auspacken durfte. So was kennt man im Canile nicht, zumindest habe ich in all meiner 8jährigen Zeit dort nichts davon mitbekommen. Ich kann mich übrigens kaum noch an all diese Jahre erinnern, obwohl Frauchen meint, das sei die längste Zeit meines Lebens gewesen. Die Zweibeiner müssen anscheinend immer zurückblicken, für mich ist viel wichtiger, dass es mir jetzt gut geht und ich einen schönen Platz gefunden habe. Ach, Leute, ich wünsche euch so sehr, dass ihr – sofern es noch nicht geschehen ist – endlich auch ein Zuhause findet. Glaubt mir, dann habt ihr all die schlimmen Wochen und Jahre im Canile oder im Lager ganz schnell vergessen.

Ich drück‘ euch die Daumen, dass ihr es rechtzeitig schafft!

Ciao

Euer Kurt

 

 

Brief von Frauchen:

Während ich diesen Brief schreibe, ist mein Herz schwer, denn es naht der Abschied. Seit kurzem wissen wir, dass unser geliebtes „Bärchen“ an Krebs erkrankt ist und nicht mehr lange leben wird. Es ist immer bitter, wenn man sich von seinem Gefährten trennen muss, aber wenn es sich um einen solch lieben, braven und durch und durch guten Hund handelt, der zudem den weitaus größten Teil seines Lebens unter erbärmlichen Bedingungen vegetieren musste, dann ist der Abschied besonders schlimm.

Nach 8 Jahren Haft in einem Canile kam er vor knapp 2 Jahren fröhlich an und gliederte sich schon am ersten Tag in die Familie ein. Er ist verträglich mit allen Hunden und lieb zu jedem Menschen. Wer zu Besuch kommt, bemerkt ihn kaum, gebellt hat er in all der Zeit nur zweimal, als er beim Spaziergang von aggressiven Hunden angegangen wurde. Bei Freunden ist er ebenso beliebt wie bei den Tierärzten, denn es käme ihm nie in den Sinn, irgendeine Form von Aggression zu zeigen. Es entspricht eben nicht seinem friedfertigen, freundlichen Wesen.

Im Alltag ist er ebenso pflegeleicht wie im Urlaub, er passt sich an, macht alles mit und kann sogar stundenlang alleine bleiben (was natürlich nur im Ausnahmefall geschieht). Mit einem Wort: er war und ist ein Vorzeigehund.

Wie sehr hatte ich mir gewünscht, dass er noch lange bleiben könnte, habe ihn aufwändig gegen die großen und kleinen Lädierungen behandeln lassen, die sein entbehrungsreiches Leben seinem Körper zugefügt haben.

Wenn ich etwas bereue, dann dies: dass ich ihn nicht schon früher zu mir geholt habe.

Negative Erfahrungen mit einem früheren Hund aus einer Tötungsstation, seine etwas dürftige Beschreibung und fälschliche Bezeichnung als „XXL-Hund“ (er gilt nach normalen Maßstäben als mittelgroßer Hund) und die nicht gegebene Möglichkeit, ihn zunächst als Pflegehund aufzunehmen, ließen mich lange zögern; ich konnte ja nicht ahnen, welches Juwel in diesem braven Straßenhund mit dem ursprünglichen Namen „Potassio“ steckt.

Noch immer freut er sich über Futter jeglicher Art, zumal sein Appetit durch die verordnete Gabe von Cortison noch größer ist als früher. Mit Wonne verspeist er alles, was ihm gereicht wird oder in seinem Napf landet, mitunter führt er zuvor noch einen kleinen Freudentanz auf. Jetzt, da seine Tage gezählt sind und eine Heilung nicht möglich, bekommt er viele Leckereien, die ihm auf Grund seiner ausgeprägten Allergie verwehrt waren. Die Spaziergänge sind beschwerlich geworden, er hat nahezu das Tempo einer Schnecke angenommen, schnüffelt aber dennoch am Wegesrand, wenngleich weniger intensiv und begeistert als früher. Eine Herausforderung – vor allem für mich – sind die Nächte: ab Mitternacht etwa muss er im schlimmsten Fall jede Stunde nach draußen, denn er hat Durchfall. Ich öffne ihm die Terrassentür und warte, bis er wieder aus dem Garten zurückkommt. So lange er nicht erkennbar Schmerzen hat, so lange er noch Zeichen von Lebensfreude zeigt und sich nach Einnahme seiner Mahlzeiten wohlig grunzend in sein Bettchen kuschelt, so lange werde ich ihn begleiten. Er hat es verdient.

 

 

 

Eintrag vom 01.04.2022
Ein Jahr später ...

Bericht von Kurt:

Hallo Mädels und Jungs,

Frauchen hat gemeint, ich solle mich endlich mal wieder melden bei meinen alten Kumpels. Erst hab‘ ich gesagt, die kennen mich vielleicht gar nicht mehr, denn ich bin doch schon ein Jahr weg aus Bella Italia, aber das hat sie nicht gelten lassen. Gut, sie hat recht, es ist nicht fair, sich auf Bestellung einfach so nach dem Norden aus dem Staub zu machen, ein neues Leben zu beginnen und alte FreundInnen kommunikativ abzuhängen. „Die können doch nichts dafür, dass sie nicht so viel Glück hatten wie du und im fortgeschrittenen Alter noch adoptiert wurden, die müssen vielleicht bis an ihr Lebensende in diesem elenden Canile ausharren ohne feines Essen, tägliche Fürsorge, menschlichen Körperkontakt, orthopädisches Bett und interessante Spaziergänge in der Freiheit“, meinte sie. „Sicher haben die Langeweile und freuen sich über eine Nachricht von dir“. Mal abgesehen von der Bemerkung über mein Alter – ich werde schließlich erst 12 in diesem Sommer – ist diese Argumentation schlüssig, deshalb will ich euch mit einem neuen Bericht grüßen in der Hoffnung, dass ihr bald nachempfinden könnt, wovon ich spreche.

Mein Leben hat sich nämlich sehr zum Positiven verändert, ich führe soz. ein beschauliches Rentnerdasein mit allen Vorzügen, die man sich vorstellen kann. Dazu gehört, dass ich am Morgen gemütlich ausschlafen kann, weil ich nicht von einer – sorry -   kläffenden Meute geweckt werde. Dann mache ich mit Frauchen den ersten kleineren oder auch mal größeren Rundgang, wo ich meist einige meiner neuen Kumpels hier treffe und begrüße. Die meisten sind, genau wie ich, gut erzogen und höflich. Danach gibt es Frühstück und ich halte meinen ersten Verdauungsschlaf. Am Nachmittag brechen wir zu einem großen Spaziergang auf in die Wiesen und Felder und Wäldchen hier vor unserer Haustür. Da ich ein folgsamer Begleiter bin, der stets darauf achtet, dass Frauchen nicht verloren geht, darf ich mich frei bewegen und nach Lust und Laune schnüffeln. Zuhause gibt es einen Snack, denn das große Fressi wird hier erst am Abend serviert. Na ja, wie schon früher erwähnt, ist dies der einzige Kritikpunkt in meinem Zuhause: ich werde selten richtig satt. Stellt euch vor, die haben es doch tatsächlich geschafft, aus mir einen dürren Hund zu machen, ihr würdet mich kaum wiedererkennen! Meine ansonsten sympathische Ärztin hat nach einer blöden Magen-Darm-Geschichte herausgefunden, dass ich Allergiker bin und fast nichts essen kann, ohne Beschwerden zu bekommen. Zuerst dachte ich, „das war’s jetzt, das ist der Hungertod“. Aber Frauchen fing an, Gemüse für mich zu kochen und ein besonderes Futter zu bestellen, das nun säckeweise bei uns ankommt – und was soll ich sagen: es schmeckt! Allerdings scheint sie mir davon zu wenig zu geben, denn sonst hätte ich ja nicht so abgenommen. Geradezu unerträglich fand ich, dass das als Erfolg gefeiert wurde. Okay, ich muss zugeben, dass ich mich seitdem viel eleganter bewege und offenbar noch jugendlicher rüberkomme als vorher, denn unterwegs höre ich nun oft Komplimente über mein Aussehen, meinen unwiderstehlichen Charme, meinen betörenden Blick und meine Coolness. Denn während manch andere Zweibeiner verzweifelt ihre geifernden, kläffenden, distanzlosen oder aufdringlichen Begleiter zu bändigen versuchen, kann mein Frauchen mit mir als souveränem Hund von Welt lässig vorbeiziehen und jede Begegnung für sich entscheiden.

Es verwundert euch deshalb sicher nicht, dass ich sehr beliebt bin bei allen, mit denen ich zu tun habe. Frauchen, die sich mit unserer Spezies auskennt, meint auch, dass ich ein ganz lieber und braver Bub bin. Nur einmal hing der Haussegen schief, was ich nicht so ganz verstanden habe. In unserem Garten gibt es im Sommer seltsame, bewegliche Steine. Sie wohnen in der Sommersaison in einem Gehege, so wie wir damals, nur vergleichsweise größer und hübscher. Ich sollte die in Ruhe lassen, wurde mir angedeutet. Habe ich ja auch gemacht, bis auf einmal, als Frauchen drinnen zu tun und mich draußen vergessen hatte. Ich habe mir dann so einen Wandelstein geschnappt und ihn näher untersucht, also mal abgeleckt und probiert, ob man den anknabbern kann wie einen Kauknochen. Mehr war es wirklich nicht, aber das hat schon gereicht, dass Frauchen beinahe einen Herzanfall bekommen hätte, als sie mich dabei erwischt hat. Ich kann euch sagen, die Welt stand kopf, sie kümmerte sich wochenlang nur noch um dieses seltsame Krabbelteil und ich darf seitdem nicht mehr unbeaufsichtigt in den Garten. Ich hätte ja eher gedacht, dass sie ausrastet, wenn ich üblicherweise ins Auto spucke, weil ich das Fahren nicht vertrage, aber da bleibt sie ganz ruhig und seufzt höchstens mal beim Saubermachen. Also ihr seht, es gibt trotz der ansonsten gut funktionierenden Wohngemeinschaft einige zwischenartliche Missverständnisse und Ungereimtheiten. Wir arbeiten jedoch weiterhin an einer dauerhaft friedlichen Koexistenz, denn eigentlich sind wir ein super Team und ich habe hier auch Wohnrecht auf Lebenszeit.

Ich drücke euch natürlich weiter die Pfoten, dass ihr ganz schnell aus dieser unwürdigen Behausung ausziehen dürft. Und wenn ihr dann Familienanschluss habt mit allem Komfort, denkt daran, keine schleichenden Steine, hüpfenden Fellbüschel oder gackernden Flugobjekte zu jagen oder anzuknabbern, um den Hausfrieden nicht zu gefährden, denn ihr wollt sicher nie wieder zurück, das garantiere ich euch.

Macht‘s gut und haltet durch

euer Kurt  (ehemals Potassio)

 

Bericht von Frauchen:

Nach einem Jahr „Wohngemeinschaft“ mit Kurt kann ich mir kaum noch vorstellen, wie es früher ohne ihn war. Er hat sich mühelos in unsere Herzen geschlichen und ist mit seiner angenehmen, verträglichen Art ein wunderbarer Begleiter, den nichts aus der Ruhe bringt. So gesehen waren die anfänglichen Sorgen, ob ein alter Hund, der 8 lange Jahre in einem Canile weitgehend ohne menschlichen Kontakt zugebracht hat, sich in eine Familie (wieder oder zum ersten Mal?) eingliedern kann, vollkommen unbegründet. Nicht ganz so unbegründet war die Furcht vor versteckten oder gar schweren Krankheiten. Wer einen Senior aufnimmt, der tut das i.d.R. nicht aus Eigennutz, sondern aus Mitgefühl mit einem unschuldigen Tier, dem man nach oft schlimmen Erfahrungen und Entbehrungen noch einen würdevollen Lebensabend als geliebtes Familienmitglied bereiten will. Dass ein solcher Hund nicht die Gesundheit eines jungen Tieres mit sich bringt, versteht sich von selbst. So waren denn auch bei Kurt erst mal eine Zahnsanierung und einige Untersuchungen angeraten. Erwartungsgemäß hat er – wie die meisten großen, alten Hunde – einige Probleme mit dem Bewegungsapparat. Eine monatliche Spritze nimmt ihm mögliche Schmerzen und lässt ihn oft fröhlich hüpfen.

Wohl bedingt durch die lange schlechte Ernährung hat er auch Verdauungsprobleme entwickelt, die sich mitunter in Form von Durchfall zeigten. Ein Test wies ihn als Allergiker aus und fortan sollte er nicht mehr das übliche Fleisch und vor allem kein Getreide mehr zu sich nehmen. Nun frisst er mit großem Appetit ein Spezialfutter auf Insektenbasis und dazu regelmäßig gekochtes Gemüse.

Die Ernährungsumstellung und vor allem die Reduktion der Nahrung hat dazu geführt, dass er sage und schreibe mehr als 12 kg Gewicht verloren hat und sich von einem ungelenken Dickerchen zu einem hübschen, schlanken Hund gemausert hat. Eine solche Metamorphose verlängert (hoffentlich) die Lebenserwartung.

Zuhause und unterwegs ist er ruhig und gelassen, dabei aber ein aufmerksamer und interessierter Beobachter, zumal wenn es ums Essen geht ;-). Dass er sich im letzten Sommer in einem unbewachten Moment an einer unserer Landschildkröten „vergriffen“ hat, haben wir ihm nach dem ersten Schreck verziehen, zumal ich inzwischen weiß, dass Hunde sich unter Beobachtung anders verhalten als unbeobachtet (wie ähnlich sie uns da sind ;-)). Die Schildkröte hat mit Hilfe ärztlicher Behandlung und ausdauernder medizinischer Betreuung überlebt; die Spuren, die Kurts Zähne auf dem Panzer hinterlassen haben, werden wohl bleiben und uns daran erinnern, ihm nicht mehr uneingeschränkt zu vertrauen.

Aber auch wenn ein wenig Jagdtrieb in ihm schlummert, ist es immer wieder schön zu  sehen, wie friedlich dieser alte Knabe auf seiner geliebten Decke döst, wie sehr er sich freuen und die Aufmerksamkeit und Zuneigung genießen und erwidern kann und wie dankbar und anhänglich er ist!

Eintrag vom 21.04.2021
Fortsetzung vom Gute-Laune-Hund

Folgebericht von Frauchen:

Mehr als vier Wochen ist es nun her, dass Kurt hier einzog, doch es kommt mir vor als er sei er schon seit Jahren hier. Auf jeden Fall: Zeit für einen Folgebericht. Meinen ersten Eindruck kann ich bestätigen: dieser Hund ist ein Glücksgriff! Er ist brav, lieb, verschmust, stets gut gelaunt und unendlich dankbar. Sein Alter merkt man ihm nicht wirklich an. Aber selbst wenn es anders wäre – das Alter war ohnehin kein Hinderungsgrund, sondern Absicht. Der Gedanke daran, dass gerade wieder ein braver Altersgenosse von ihm ohne Happy End verstorben ist und dass so viele andere liebe, ältere Hunde im Tierschutz chancenlos dahinvegetieren, ist vor diesem Hintergrund nur schwer zu ertragen. Deshalb macht Kurt gerade bei den diversen Begegnungen unterwegs, die sich auf Grund seiner kommunikativen Art und seines Charmes nicht umgehen lassen, indirekt Werbung für die Älteren. Tatsächlich gibt es kaum jemanden, der nach einem solchen Treffen unbeeindruckt zurückbleibt, so dass man bereits von einer sich etablierenden Fangemeinde sprechen kann. Wer ihn näher kennenlernt, ist soz. hin und weg :-). Natürlich versäume ich es nicht, bei diesen Begegnungen etwas über Tierschutz und den Vorzug älterer Hunde zu erzählen.

Sein absolutes Highlight sind denn auch die Spaziergänge, zu denen er hochmotiviert bei jedem Wetter aufbricht, manchmal sogar in leichtem Galopp. Waren die Rundgänge in den ersten Tagen aufgrund seiner Leibesfülle und der mangelnden Kondition eher bescheiden, so hat er inzwischen mächtig an Tempo und Durchhaltevermögen zugelegt. Selten sind wir weniger als 2 Stunden täglich unterwegs, manchmal auch mehr, ohne dass er so schwer schnauft wie anfangs. Man versucht sich sogar schon mal in sportlichen Disziplinen wie dem Jagen von (imaginären) Mäusen. Jeder Hund wird freudig begrüßt (sofern dessen Herrchen oder Frauchen es akzeptiert). Nach zaghafter Annäherung an den nicht ganz so verträglichen Hund namens Albert wundert sich z.B. dessen Besitzer, dass Albert von Kurt geradezu begeistert ist. Und eine mir bis dato unbekannte Dame möchte ihren viel jüngeren, aber zickigen Rüden Robert am liebsten gegen Kurt eintauschen :-).

Zuhause ist er brav und artig. Nun ja, er hätte gerne, wie bereits erwähnt, ein wenig mehr zu fressen, wobei er nicht bettelt, eher bescheiden „fragt“, ob er denn nicht noch was haben könne (meistens kann er! :-)). Eines Abends war er wohl trotz großzügiger Handhabung seines Diätplans von einer solchen Hungerattacke geplagt, dass er sich in meiner kurzen Abwesenheit über eine achtlos auf den Couchtisch gelegte Packung Schnapspralinen hermachte. Zum Glück bemerkte ich rechtzeitig die seltsamen Geräusche und erwischte ihn beim Aufreißen der Kartonverpackung, so dass der Alkoholgenuss ausblieb :-). 

Wir sind gespannt, welche Überraschungen Kurt noch auf Lager hat – und genießen seine Anwesenheit, die das Leben sehr bereichert .

 

Mail von Kurt ins Canile:

 

Hallo Italien,

ich weiß nun inzwischen, dass ich in einem anderen Land bin, weit weg von Bella Italia, aber mindestens genauso schön – nein schöner. Ihr glaubt nicht, was man hier so alles erlebt. Italien war richtig langweilig dagegen. Es gibt hier Wiesen, die sind so grün, dass man fast geblendet ist. Und die Gerüche erst!  Nicht nur die von den hier ansässigen Artgenossen, nein es gibt hier allerhand Wiesen- Wald- und Wasserbewohner, die ich mir erst mal habe erklären lassen. Schafe, Ziegen, Pferde, Kühe, Wildgänse, Störche, Enten, Mäuse, Eichhörnchen – das hat man doch im Canile nicht gesehen! Die Eichhörnchen habe ich auf meine Jagdliste gesetzt, die sind einfach etwas zu frech. An dem geräuschlosen Anpirschen arbeite ich noch, wobei Frauchen mir meist im Weg ist.  Ihr merkt jedenfalls, ich habe meinen Horizont ungemein erweitert, ebenso wie meine Sprachkenntnisse übrigens. Ja, ich beherrsche einen englischen Ausdruck und mehrere deutsche. Man wird hier gefordert, aber Bildung ist ja unerlässlich, wenn man vom Straßenköter zum bürgerlichen Ausgehhund avanciert. Man muss zwar erst mal artig an der Leine laufen statt rumzustreunern, aber im Gegenzug hat man geregelte hochwertige Mahlzeiten, ein weiches Bett in einem angenehmen Ambiente, u.U. einen Platz auf der Couch (da sind wir noch in Verhandlung), körperliche Zuwendung und Pflege, freundliche Ansprache und – nicht zu unterschätzen – eine funktionierende Altersversorgung. Und an Außenkontakten fehlt es ebenfalls nicht, ganz im Gegenteil. Mit ein wenig Charme, den wir Italiener ja in den Genen haben, einem treuen Augenaufschlag und freundlichem Schwanzwedeln wickelt man hier fast jeden um die Pfote.

Deshalb, Kumpels, präsentiert euch bei Fotosessions von eurer Schokoladenseite, gebt alles bei den Terminen mit den TierschützerInnen, damit ihr bald auch kommen könnt. Ich drück‘ euch die Pfoten!

Ciao,

euer Kurt, ehemals Potassio

 

Eintrag vom 07.04.2021
Kurt - der Gute-Laune-Hund

Hallo Kumpels,

ich schick euch mal `ne Nachricht ins Canile, damit ihr euch keine Sorgen macht. Diese Aktion neulich, als ich eingefangen und in einen rollenden Blechkasten gesteckt wurde, hat mir schon etwas Angst gemacht. Ich saß da drin mit vielen anderen, jeder in einem noch kleineren Kasten, so dass man sich nicht mal beschnüffeln konnte. Und wie lange wir da drin saßen, während der Kasten rollte – es nahm einfach kein Ende. Schließlich hielt das Ding an – ich glaube, zum zweiten oder dritten Mal – und endlich wurde meine Tür geöffnet. Ich durfte mit einer zweibeinigen Begleiterin über einen Hof gehen und dachte schon, jetzt gehen wir endlich ausgiebig spazieren und vielleicht mal was essen. Aber Fehlanzeige: ich wurde in einen kleineren Blechkasten eingeladen, wo ich allerdings etwas mehr Platz hatte. Vorne saßen andere Zweibeiner drin, die mich, ehrlich gesagt, erst mal nicht interessierten. Immerhin konnte ich aus einem Fenster gucken, also eine leichte Verbesserung.

Nach mehr als 2 Stunden kamen wir an. Wo, weiß ich immer noch nicht genau, aber Leute, ich sage euch: es muss das Paradies sein. Oder so eine Art Vorstufe zum Paradies, denn im echten Paradies gibt es sicher etwas mehr zu fressen. Das ist allerdings auch schon der einzige Kritikpunkt. Es gibt hier keinen Futterautomaten, an dem man sich bedienen kann, dafür ist das Essen echt Spitze. Wir haben erst mal einen Spaziergang gemacht, und ich habe tausend fremde Botschaften im Gras (jawohl: Gras!) gelesen und habe selbst einige ausführliche              P-Mails hinterlassen, um zu dokumentieren, dass ich nun hier bin.

Dann gingen wir in ein Haus, wo man mir Wasser und eine Kleinigkeit zu essen reichte. Von da an wurde es immer besser. Man zeigte mir eine kuschelige Decke, man kraulte mir den stattlichen Bauch und erzählte mir dies und das. Ich verstand zwar nichts, aber es war klar, dass es freundlich gemeint war. Ich war ziemlich verwirrt. Sollte ich vielleicht in meinem fortgeschrittenen Alter nochmal eigene Menschen haben? Jedenfalls ging ich nicht auf meine Decke, sondern legte mich vorsichtshalber immer in die Nähe der Zweibeiner, um sie genau im Blick zu haben, falls sie sich davonschleichen wollten. Und immer, wenn sie mich nur ansahen, wedelte ich mit dem Schwanz, was das Zeug hielt. Ich konnte einfach nicht anders als mich wahnsinnig zu freuen. Das war ein Gefühl, sage ich euch! Und das Beste ist, es ist immer noch so laugh.

Seitdem geht es mir blendend. Es gab nur eine unangenehme Situation, die ich lieber vergesse. Ich wurde in eine Wanne gestellt und dann kam Wasser von oben und den Seiten. Mein Fell klebte an mir und ich zitterte, aber nicht vor Kälte. Meine Fluchtgedanken konnte ich leider nicht in die Tat umsetzen, meine Menschen hielten mich nämlich ganz fest. Zum Glück dauerte es nicht lange, und danach waren alle noch netter zu mir und ich bekam eine Belohnung für besondere Tapferkeit.

Zum Schluss will ich euch noch was Wichtiges sagen: haltet durch und habt keine Angst, wenn man euch in den Blechkasten setzt. Am Ende einer langen Fahrt wartet ein wunderbares Leben auf euch. Freunde, wenn ich es in meinem Alter und mit meiner (wie böse Zungen behaupten) nicht ganz vorteilhaften Figur geschafft habe, ein Zuhause zu finden, dann muss es doch noch andere Zweibeiner geben, die euch auch so nehmen und mögen wie ihr seid und euch ein Ticket ins Paradies spendieren. Ich drück‘ euch jedenfalls ganz fest die Daumen,

euer Potassio/ Kurt

 

Anmerkung von Frauchen:

Es gehört schon ein wenig Mut dazu, einen alten Hund, dessen Beschreibung nicht überprüfbar ist, zu adoptieren. Nach den Fotos und Videos zu urteilen, handelte es sich um ein liebenswertes Exemplar seiner Gattung, und so ging ich das Wagnis ein, denn ich wollte unbedingt einem Hund eine Chance geben, der von mehr als 90% der Adoptanten auf Grund seines Alters schon im Vorfeld aussortiert wird. Nach mehr als zwei Wochen mit Potassio/Kurt kann ich sagen, dass wir – abgesehen von ein paar offenbar kleineren gesundheitlichen Baustellen – so etwas wie einen Traumhund bekommen haben. Wie alle älteren Hunde ist er unglaublich dankbar, er freut sich, wenn wir ihn nur anschauen oder ansprechen und zeigt dies mit heftigem Schwanzwedeln an. Mit Artgenossen ist er vollkommen lieb und verträglich. Dass hier Hunde an einer Leine an ihm vorbeigeführt werden, versteht er zwar immer noch nicht ganz, da er sie allesamt gerne persönlich begrüßen möchte, doch akzeptiert er staunend alles Neue. Auch wenn seine Kondition nach 8 Jahren Inhaftierung ohne Freigang noch zu wünschen übrig lässt, so genießt er mit großer Freude jeden Spaziergang, wobei er gut leinenführig ist – zumindest auf dem Hinweg und wenn kein Hund in der Nähe ist.  Auf dem Rückweg legt er gerne einen Stopp ein, plant einen Umweg oder mimt eben mal einen kleinen Schwächeanfall. Da kommt wohl das Streunerblut durch wink. Zuhause gibt er sich Mühe, alles richtig zu machen und versprüht gute Laune. Er ist von Anfang an absolut stubenrein, bleibt alleine, ohne die Wohnung umzudekorieren und fügt sich problemlos in den Alltag ein. Sein Diätfutter (er ist eindeutig zu dick cheeky) verspeist er mit Genuss.

Wir hoffen, dass dieser brave, liebe Hund noch einige wunderschöne Jahre nach all den Entbehrungen hier verbringen darf. Aber dennoch: selbst wenn sein Aufenthalt bei uns nur von kurzer Dauer wäre: er hätte sich schon gelohnt!