...du warst kein Niemandshund mehr...

Moritz war etwas ganz Besonderes. Danke, dass ihr ihn nicht im Stich gelassen habt. Ihr habt damit Wunderbares geleistet.

Zwei Jahre (was für ein Geschenk!) ist es nun her, dass ich auf einem eingezäunten Firmengelände im fernen Deutschland ein mir völlig unbekanntes Freeze-Paket entgegennehmen durfte

Inzwischen hat sich Moritz ja wunderbar entwickelt und lebt hier ganz selbstverständlich mit, wenn auch noch teilweise etwas vorsichtig. Drinnen ist er zwar meistens entspannt, aber da gibt es Gegenstände und Ecken und Kanten, die den Weitblick etwas erschweren, wodurch er noch so manche Hilfestellung braucht: den Napf nicht zu nahe an die Wand stellen, der könnte nämlich beim Anstoßen scheppern, oder ihn separat in einem Zimmer fressen lassen, weil er beim Fressen deutlich schreckhafter ist und dann sehr leicht seinen Napf „verschenkt“, oder ihn bei der Haustür empfangen, damit er sich beim Hineingehen leichter tut usw. Kleinigkeiten, die schon lange Routine sind. So bescheiden sind seine Ansprüche… Er braucht so wenig, um zufrieden zu sein! Und regelmäßiger Zuspruch und Streicheleinheiten helfen ihm, auch für die Momente Mut zu tanken, in denen er nicht direkt bei mir sein kann. Aber zum Glück sind da ja auch die Hunde, deren Nähe er zu schätzen weiß.

Draußen beim Spazieren würde man  Moritz niemals für einen ängstlichen Hund halten. Er ist bei Standard-Eindrücken mittlerweile sehr souverän unterwegs und so fällt doch glatt die Wahl auf ihn, wenn es darum geht, mit Hunden spazieren zu gehen, die mit Joggern, Radfahrern, Hunden oder Sonstigem ein Problem haben.  Gleichzeitig ist er bei sehr plötzlichen, lauten Schreckeffekten empfindlicher als „normale“ Hunde und bleibt deshalb nach wie vor an der Leine – auch, weil er schwerhörig und doch noch flott unterwegs ist. Gemeinsame Sprints und endloses Schnüffeln klappen aber auch perfekt mit Leine. Und er ist nach wie vor hin und weg angesichts dieses Schlaraffenlandes der Gerüche… So passiert es immer wieder, dass er vor lauter Schnüffeln gegen einen Laternenmasten rennt Aber sein Sehvermögen ist in Ordnung!

Womit wir beim Gesundheitlichen wären. Tja, da gibt es zum Glück auch nicht wirklich etwas Neues... Die große, harte Beule an der Rippe, die mir anfangs Sorgen machte, hat sich nicht verändert, und der kirschengroße Knubbel ist verschwunden. Es ist jetzt eine weiche Beule dazugekommen, die vermutlich/hoffentlich ein Lipom ist. Ansonsten ist er fit wie immer und es gibt keine Auffälligkeiten. Schließlich hat er ja auch den ganzen Herbst intensiv den Grundsatz „An apple a day keeps the doctor away“ hochgehalten, indem er mit Leidenschaft (manchmal doch etwas exzessiv) ganz unten im Garten Äpfel geerntet hat, um dann wieder die 42 Stufen zum Haus hinaufzuspringen. Jetzt im Winter kehrt er lieber auf der Schwelle um. Schnee ist auch weich, aber Betten sind wärmer! Aber wenn es zum Spaziergang geht, hoppelt er wie ein Häschen freudig zum Gartentor. Beim Heimkommen am Abend springt er schwungvoll auf die Couch, um seinen geliebten Tagesabschluss-Knabbersnack entgegenzunehmen. Rituale eben
Wie es aussieht, wird uns dieser grandiose Knopf noch ein Weilchen beglücken. Somit muss er sich auch noch weiterhin mein italienisches Kauderwelsch anhören

Halbjahres-Update…ein bisschen getrübt durch die traurigen Fälle, die es einfach nicht mehr aus dem Canile raus schaffen…

Moritz geht es jedenfalls gut. Die Blutwerte sind in Ordnung, aber als Drittältester zählt er jetzt auch zum Bund der Schwer(st)hörigen, was ihn nicht zu stören scheint. So schläft man noch ruhiger...

Er ist noch agil und neugierig und läuft gerne durch den Wald, wo er selbst Himbeeren pflückt, oder durch die Wohnstraßen, wo er mit ungebrochenem Optimismus versucht, erboste Hunde hinter den Zäunen friedlich zu stimmen … auch Katzen…! Und wenn sich sein alter Kollege beim Spazieren wieder verselbstständigt und wir hinterher müssen, ist er auch einem Sprint nicht abgeneigt.  

Und sonst…naja, Fressen natürlich (gerne viel Gesundes!) …und Chillen. Dann ist die Welt in Ordnung und er schnurrt genüsslich und knarrt wie eine alte Tür. Allerdings muss der Tagesablauf noch sehr vorhersehbar sein, und ‚Allein’bleiben wird nie sein Ding sein. Da wird manchmal noch die Pfote bearbeitet…

Als rundherum die Rasenmähersaison begann, war er zu meinem Schrecken mehrmals wie vom Erdboden verschluckt…! Ende gut, alles gut - er kauerte ganz unten im Gebüsch. Ansonsten kann er Situationen schon gut einschätzen und hat seine Plätze, auf die er sich im Fall des Falles ohne Panik zurückzieht. Er liebt es, wenn die Türen offen sind und er nach Lust und Laune seine Inspektionsrunden im Garten drehen kann, um sich nach getaner „Arbeit“ eine ausgiebige Siesta zu gönnen. Und die Sensation der Saison [Trommelwirbel]: Der Sonnenschirm darf mit uns den Sommer auf der Terrasse verbringen! Vergangenes Jahr musste der weg… sonst hätte sich Moritz nicht mehr im Garten blicken lassen.

Mit seinem unbeschreiblich lieben, ruhigen Wesen erdet er in Teamwork mit seiner Hündin die ‚gestromten‘ Kollegen. Er kann beobachten, ohne zu meinen, einem ständig nachlaufen zu müssen…wie genial! Und zwischendurch ist er dann gerne mittendrin.

Es ist jeden Tag so schön, den kleinen Wonnebären hier zu haben  …und ihm einfach nur das zu bieten, was ihm ein Leben lang zugestanden hätte…

Jahresrückblick! Es war kein einfaches Jahr, aber Moritz hat viel gelernt. Nein, keine Kommandos… die sind bei ihm verzichtbar. Er kommt gerne, wenn man ihn ruft und sofern keine suspekten Gegenstände im Weg sind. Das reicht vollauf. Aber er hat die Alltagstauglichkeit gelernt! Dass Menschen und die Welt da draußen toll sein können, Möbel keine Landminen sind, Gegenstände nicht essbar sind und man sich mit seinen Vierbeinern und seinem Zweibeiner einfach wohlfühlen kann. Der Alltag im Haus und seine Geräusche, die ihm furchtbare Angst einjagten, geben ihm jetzt Sicherheit. Forschen, sich nach Lust und Laune bewegen, Streicheleinheiten einfordern, sich auf das Futter freuen und viele Stunden auf weichen Betten chillen… Das alles kann er meisterhaft!

Im angstfreien Modus sieht das kompakte Kerlchen mit eckigem Köpfchen und Kringelschwänzchen so unbeschreiblich entzückend aus! Auch, wenn er mit seiner „Gang“ unterwegs ist…

Silvester kann den kleinen Italiener tatsächlich weniger schrecken als ein unbekannter Gegenstand… Wenn er es wegen eines solchen wieder nicht mit dem Schwung Hunde ins Haus rein schafft, wartet er hoffnungsvoll auf seinen persönlichen Abholservice 

Mit den Hunden läuft es bestens. Er liebt sie und sie sind seine besten Angsthelfer. Die Zeiten, als ein fletschender Kulleraugenmoritz bedrohlich knurrte: „Rrrunter von der Couch, her mit eurem Kauspielzeug“ sind schon längst vorbei. Nach langem Kennenlernen auf Distanz, das wegen der alteingesessenen Rüden sein muss, erntete er sowieso nur mehr verwunderte Blicke („Gehört doch allen, oder? Was hat der denn für ein Problem?“) 

Und zu meiner Frage bei der Übergabe… ob er überhaupt gehen kann…. Mit knapp 12 ist Moritz immer noch fit wie ein Turnschuh und leidenschaftlich gern in den Bergen unterwegs! La vita è bella! 

Moritz hat sich mittlerweile zu einem recht coolen, wenn auch noch vorsichtigen Hund entwickelt. Lange hielt sich die Angewohnheit, bei Geräuschen, beim Alleinbleiben, oder wenn er nicht wusste, wie es weiter geht, in „übertriebene Körperhygiene“ zu verfallen. Das war recht belastend. Leider kann man nicht jeden Eindruck wegzaubern... Oder ständig in die Natur verschwinden - denn da sind ja noch Arbeit und die anderen Hunde. Umso erfreulicher ist es, dass das nun praktisch der Vergangenheit angehört! Der starre Tagesablauf, der wegen eines WG-Kollegen notwendig ist, kommt auch Moritz zugute. Wir spielen schon lange „Und täglich grüßt das Murmeltier“…Alles schön vorhersehbar, wenig Neues. So klappt es gut. (Für Menschen auf Dauer ein wenig…. naja …monoton… aber was soll’s.)

Auch er ist der Ansicht, dass man die Fütterung durch ohrenbetäubendes Bellen beschleunigen kann – offenbar ein länderübergreifendes Tierheimhund-Ritual 

Glücklich ist er, wenn gemeinsame Siesta auf dem Programm steht. Springt mit wehenden Ohren ins Bett und kuschelt sich auch gern mit den Hunden zusammen. Wir haben „vereinbart“, dass er im Liegen hinten nicht gekrault wird. Da war ja ewig diese Canile-Wand als Rückendeckung, und nun so exponiert… Der ansonsten sehr verschmuste Moritz hat die Hundesprache zum Glück nicht verlernt und kann sich diesbezüglich gut artikulieren.

Nach vielen Jahren ist (abgesehen von unserer Hündin) wieder einmal ein stressfreier, unkomplizierter Hund hier, der sich über Hundebegegnungen freut und völlig entspannt an der Leine geht – welch Luxus 

Ich hoffe, dass es noch viele der Zurückgebliebenen in ein neues Leben schaffen, bevor es zu spät ist….

Was hatte ich zu Beginn geschrieben? Es hat sich gelohnt? Und wie es das hat! 5 Monate sind vergangen und Moritz macht rasante Fortschritte (nicht zuletzt dank seiner lieben hündischen Truppe), wird immer selbstbewusster, ist stolz, einer von den "Coolen" zu sein - ein echter Hund zu sein eben! Das Leben genießen, ein bisschen mit durchgestreckter Haltung die Nachbarn verbellen , Freude zeigen, wenn es Futter gibt, wenn wir etwas unternehmen, und sich dazukuscheln, wenn sein Mensch endlich einmal in Ruhe ist  Und die Sache mit dem Alleinbleiben... die wird auch schon besser. Eines ist jedenfalls klar: Er genießt das Leben in vollen Zügen und ist dermaßen fit, dass es kaum zu glauben ist!

Auf den Fotos sieht man den "Naturbursch" in den steirischen Bergen. Wandern und Spazieren sind neben Kuscheln seine große Leidenschaft  Auf diesem Weg konnte ich zu Beginn am besten Zugang zu ihm erhalten.

Potenziellen Adoptanten kann ich nur sagen - es lohnt sich, einen alten Hund zu adoptieren. Selbst wenn man in punkto Gesundheit nicht so ein Glück hat wie in Moritzs Fall - sie sind in der Regel auf angenehme Weise gefestigt und haben nette Ecken und Kanten, und oft sind sie vom Wesen her trotzdem recht jung geblieben. Für einen Angsthund braucht man viel Geduld, man muss die Erwartungen extrem niedrig ansetzen und man darf es nicht persönlich nehmen, wenn er einen ansieht, als ob man ihm etwas antun würde, obwohl man es gut meint. Umso schöner ist es dann, wenn langsam Vertrauen entsteht und die Hunde offen Zuneigung zeigen. Das dauert eben manchmal ein gutes Weilchen  Aber es lohnt sich!

2 ½ Monate ist Moritz nun hier, und es ist, als wäre es schon eine Ewigkeit…!

Die Zusammenführung mit den Hunden ist endlich abgeschlossen, aber auch Moritz war es trotz seiner Friedfertigkeit recht, dass es eher langsam ging 

Von seinem vertrauten Entspannungsbereich aus tastet er sich ganz nach seinem Rhythmus ins restliche Haus vor. Dann kommt es schon mal vor, dass er sich wegen eines zischenden Kochtopfs in die Duschwanne verkrümelt...

Aber was will man erwarten? Ein Hund, dem 10 Jahre lang niemand helfen durfte, seine Angst zu überwinden… Dafür nämlich macht sich der kleine Held unheimlich gut!!

Auch Spaziergänge müssen entsprechend der Windstärke und des Menschenaufkommens geplant werden, aber in der Natur blüht Naturfreund Moritz so richtig auf... 

Und als toller Gastgeber hat er sich auch erwiesen: Sich in seinem vertrauten Bereich hinsetzen, etwas zum Essen in der Hand, schon holt sich der kleine Gourmet seine Streicheleinheiten. Besuche sind derzeit aber noch beschränkt auf besonders einfühlsame Menschen 

Das Wichtigste ist aber: Er weiß jetzt, wohin er gehört, dass man um ihn bemüht ist und dass er Hundefreunde hat, die ihm zeigen, wie ein richtiges Leben geht! Alles andere kommt dann mit der Zeit....

Liebes Team von pro-canalba, vielen, vielen Dank für euren unermüdlichen Einsatz und dafür, dass ihr diesem Schatz den Weg in die Freiheit ermöglicht habt!  Macht weiter so 

MORITZ – endlich mal LEBEN! 

Hier ist es nun seit zehn Tagen, dieses mit Spannung erwartete italienische Überraschungspaket namens Moritz… und trotz aller Zweifel und Ungewissheit lässt sich schon nach so kurzer Zeit sagen – es hat sich gelohnt! Die Umsiedlung und die Untersuchungen für die Ausreise, der strapaziöse Transport für einen doch recht alten, seeehr ängstlichen Hund, der von Menschen so gar nichts Gutes erwartet….das alles war es wert. Schon bei den Vorbereitungen für die Ausreise und der Übergabe zeigte sich, dass dieser schüchterne Kerl keinerlei Aggression zeigt, sondern vor lauter Angst am liebsten im Erdboden versinken oder flüchten will. Was den Anfang, den Vertrauensaufbau, die ersten Spaziergänge doch um einiges erleichterte…

Leckerchen aus der Hand sind noch nicht der Renner. Aber für diesen unheimlich verträglichen Forschergeist gibt es kaum bessere Köder als Hunde und viiele Gerüche! Somit konnte das richtige Leben gleich vom ersten Tag an beginnen. Angesichts seines Alters muss man ja über jeden gelebten Tag froh sein…  Und so streckt sich Moritz am Morgen mittlerweile schon freudig dem Tag entgegen…

Und wenn er nicht gerade wieder mit seiner Angst beschäftigt ist, holt sich Moritz mit schüchterner Nachdrücklichkeit seine Streicheleinheiten und lässt sich gerne so richtig durchkneten – ein kleiner Kuschelbär…

Zu sehen, wie dieser vom Leben gestrafte Hund täglich kleine Fortschritte macht und bereit ist, seine Angst vor sämtlichen Haushaltsgeräuschen, Alltagseindrücken und Menschen zu überwinden, macht Mut – obwohl uns auch Rückschritte sicherlich nicht erspart bleiben werden. Im Grunde ist er ein lebhafter, verspielter, robuster Kerl, sogar mehr der Draufgängertyp… naja, im Grunde eben. Und auch wenn sein echtes Wesen derzeit nur zwischendurch mal hervorblinzelt - dieser „echte“ Moritz darf er jetzt - soweit es die Zeit erlaubt - wieder werden. Und dieser echte Moritz ist unheimlich lieb… und erstaunlicherweise nach 10 Jahren Canile völlig stubenrein…

Des süßen Bärchens großer Auftritt findet dann statt, wenn am Abend in den Wohnstraßen alles ruhig ist und nur mehr vereinzelt Autos fahren, Garagentore aufgehen oder Menschen entgegenkommen (die nehmen wir dann als Übung ). Dann kann man Moritz mit beeindruckender Sportlichkeit dahin galoppieren sehen, freudig „lachend“, unbeschwert, seine Hundefreundin zum Wettrennen motivierend… wenn auch doppelt gesichert . Ein herzerwärmender Anblick…